"Dialog Theologie und Naturwissenschaften"
an der Evangelischen Akademie im Rheinland
Die Evangelische Akademie im Rheinland bringt evangelische Positionen durch Beiträge zu Themen der Zeit öffentlichkeitswirksam und nachhaltig in gesellschaftliche Diskurse ein – durch Kooperationsveranstaltungen vor Ort, durch Kontakte zu kirchlichen und säkularen Medien und durch Informationen, Hintergrund und Dialogmöglichkeiten auf unseren Internetseiten.
Gesellschaftliche, ethische und kirchliche Fragen stehen im Mittelpunkt
Die Akademie stellt gesellschaftliche, ethische oder kirchliche Fragen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit, zu denen es noch keine endgültigen und ausformulierten Antworten gibt.Sie setzt zentrale christliche Aussagen in Bezug zu den Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft im Allgemeinen und die Kirchen im Besonderen heute stehen. Mit ihren Beiträgen und Veranstaltungen möchte sie gesellschaftliche als auch kirchliche Debatten bereichern und sich so an gesellschaftlichen Veränderungsprozessen beteiligen. Dazu dient auch die fach- und themenspezifische Öffentlichkeitsarbeit.
Die Akademie arbeitet in fünf Themenbereichen
Die Akademie arbeitet in fünf Themenbereichen: Wissenschaft und Ethik, Politik, Arbeit und Wirtschaft, Gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Neue Medien. Sie lädt an vielen Orten im Raum der Evangelischen Kirche im Rheinland zu Diskussion und Gedankenaustausch ein. Dabei wendet sie sich an interessierte Laien ebenso wie an Fachleute und Multiplikatoren, an unterschiedliche kirchliche und gesellschaftliche Gruppen und Akteure.
Zeitlich begrenzte Schwerpunkte in den Themenbereichen
Die evangelische Stimme ist nur eine unter vielen innerhalb der gesellschaftlichen Debatte. Sie kann sich gerade durch eine offene Auseinandersetzung mit anderen Standpunkten profilieren. Dem trägt die Akademie bei ihrer Arbeit jetzt verstärkt Rechnung durch ihre Konzentration auf fünf Themenbereiche Rechnung.
Themenschwerpunkt Wissenschaft:
"Menschenbilder, Weltbilder, Gottesbilder"
Der Themenschwerpunkt im Bereich Wissenschaft und Ethik lautet "Menschenbilder, Weltbilder, Gottesbilder". Hier geht es um die Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten von Wirklichkeit. Dabei knüpft er an den bereits seit langem hier etablierten Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften an.
Zum Dialog Theologie - Naturwissenschaften
Die Naturwissenschaften sind in den letzten Jahrhunderten unglaublich erfolgreich, aber ihre Sicht bietet nicht das ganze Bild der Wirklichkeit. Hier ist eine auf biblische Traditionen sich berufende Theologie zu einem eigenen Beitrag herausgefordert.
Nichts hat sich für unsere Kultur, die sich aus dem christlichen Abendland herleitet, so wirkmächtig und folgenreich gezeigt, wie die seit dem 17. Jahrhundert sich kontinuierlich entwickelnden Naturwissenschaften. Der Umgang und die Orientierung in der Welt sind in hohem Maße technisiert, das gilt sowohl für die Arbeitsprozesse als auch für die Alltagswelt. Die Techniken durchdringen unser Kommunikationsverhalten ebenso wie auch grundsätzliche Existenzfragen an Lebenswendepunkten wie Geburt, Krankheit, Alter und Tod.
Durch Naturwissenschaft und Technik erweitertete Handlungsoptionen fordern ethischen Reflexionsbedarf
Die Veränderungen unserer Welt durch die zunehmende Erkenntnisfähigkeit und die Gestaltungsmöglichkeiten beeinflussen zutiefst unser Handeln und unser Selbstverständnis.
Die durch Naturwissenschaft und Technik erweiterten Handlungsoptionen stellen uns immer wieder vor neue moralische Probleme. Nach welchen Regeln soll man mit dem neuen Wissen umgehen, mit welchen Maßstäben können in der modernen Gesellschaft moralische Urteile gefällt werden? Beispiele für ethischen Reflexionsbedarf gibt es zuhauf, etwa im Umgang mit der Kernenergie, mit den Biotechnologien, mit dem Energieverbrauch und der Umweltbelastung, mit der Intensivmedizin und mit den elektronischen Medien. Ethischen Reflexionsbedarf gibt es schließlich auch für die Wissenschaften selbst: es gehört heute zum abgesicherten wissenschaftstheoretischen Standard, die Abhängigkeit der wissenschaftlichen Forschung von gesellschaftlichen Strömungen und kulturellen Vorgaben anzuerkennen. Damit stellt sich die Frage der Forschungsethik.
Naturwissenschaftliche Weltanschauung beeinflusst unser Bild von der Welt und unser Gottesbild
Mit den neuen wissenschaftlich basierten Erkenntnissen ändert sich unser Selbstbild, unser Bild von der Welt, von der Wirklichkeit und schließlich auch für unser Bild von Gott. Unsere „Weltanschauung“ ist nicht unabhängig von den naturwissenschaftlich-technisch gestützten Erfahrungen. Das gilt nicht nur für Daten und Fakten, das gilt auch für unsere Leitbilder: Ohne die Erfahrung der Astronauten und die Bilder, die sie machten, hätte das Bild vom „blauen Planeten Erde“ nie so stark und prägend werden können. Weitere Beispiele des Einflusses sind das durch Neurobiologie und Gentechnik geprägte Menschenbild, die Geschlossenheit physikalischer Kosmologietheorien, der Einfluss elektronischer Medien auf unser Zeit- und Weltverständnis.
Dialog Theologie - Naturwissenschaften ist ein wesentliches Element im Bereich "Wissenschaft und Ethik" an der Akademie
Der Dialog zwischen Naturwissenschaften und Theologie wird in den angelsächsischen Ländern seit vielen Jahren geführt und ist dort bereits institutionalisiert. Zunehmend gewinnt er jetzt auch bei uns an Gewicht und Popularität. Es ist deutlich geworden, dass dieser Dialog eine notwendige Grundlage für das Selbstverständnis christlicher Theologie im 21. Jahrhundert ist.
An der Evangelischen Akademie im Rheinland ist dieser Dialog seit mehr als 15 Jahren ein zentrales Element des Arbeitsbereiches "Wissenschaft und Ethik". Dabei geht es um Fragen wie diese: Wie kann man Lösungen finden für die ethischen Probleme, vor die uns die neuen, durch den naturwissenschaftlich-technischen Fortschritt ermöglichten Handlungsoptionen stellen? Welchen Einfluss haben die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auf unser Selbstverständnis, auf unseren christlichen Glauben, auf die Fragen nach dem Menschlichen in der Welt?
Dr. Frank Vogelsang
Bonn, Juli 2019